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18 Dez. 2024

Rehabilitationsmedizin: Voll LASER wie du abgehst! – Therapeutische Lasertherapie

In den letzten Jahren nimmt die Bedeutung der therapeutischen Lasertherapie im Bereich der Rehabilitationsmedizin beim Kleintier und beim Pferd immer weiter zu. Doch auf welcher Grundlage funktioniert die Lasertherapie? Welche Effekte können erzielt werden? Welche Einsatzgebiete gibt es? Und wie ist die aktuelle Studienlage?

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Abbildung 1: Therapeutische Lasertherapie bei einer Katze zur Wundheilungsförderung nach Abszessspaltung

 

Was ist Lasertherapie?

Das Wort LASER leitet sich aus „Light Amplification by the Stimulated Emission of Radiation“ ab, daher ist die Lasertherapie eine Therapie mit elektromagnetischen Wellen.

Laserlicht kommt auch in vielen anderen Bereichen des Alltags vor. Es gibt vier verschiedene Laserklassen. Klasse 1 Laser sind zum Beispiel in vielen Druckern verbaut, Klasse 2 Laser Barcodescanner an der Kasse. Klasse 3 Laser kommen zum Beispiel in der Kosmetik oder auch zur Lasertherapie zum Einsatz. Hier wird nochmals zwischen Klasse 3A und 3B Lasern, welche sich durch ihre Power unterscheiden, unterteilt. Klasse 3B Geräte haben bis zu 500mW Power und werden zur Low-Level-Lasertherapie (LLLT) eingesetzt. Klasse 4 Laser werden in der Industrie, in der Chirurgie und als Therapielaser (High-Intensity-Laser-Therapy (HILT) oder High-Power-Laser-Therapy (HPLT)) eingesetzt.  

Das Prinzip der Lasertherapie ist die „Photobiomodulation“ – „Die Übertragung von elektromagnetischer Strahlung im roten und infraroten Spektrum über Verletzungen und Läsionen zur Stimulation der Heilung und Schmerzlinderung innerhalb des Gewebes“. Wie gut diese Strahlung in das Gewebe eindringt (und dort absorbiert wird) ist von einigen Faktoren abhängig: der Wellenlänge, der Power (oder Leistung) des Lasers, der Dosis und der Zeit. Die Wellenlänge beim Laserlicht ist monochromatisch und ist abhängig vom aktiven Medium. Die Wellenlänge bestimmt die Eindringtiefe ins Gewebe, in der Regel werden Wellenlängen zwischen 650 und 1300nm verwendet. Einige therapeutische Laser können bereits mit mehreren Wellenlängen arbeiten, je nachdem welche Eindringtiefe erforderlich ist. Aufgenommen werden soll die Energie in den Cytochrom-Systemen (z.B. Cytochrom-C-System) der Zellen (Mitochondrien und Zellmembran), um dort für eine Erhöhung der ATP-Produktion und der Syntheseleistung zur Verfügung zu stehen. Ebenfalls starke Chromophoren, die das Laserlicht aufnehmen sind Wasser, Melanin und Hämoglobin, was für die Therapie aber eigentlich nicht gewünscht ist, allerdings das Ergebnis beeinflusst.

Leider wird das Laserlicht auch nicht nur vom Gewebe absorbiert, sondern auch im Gewebe gestreut, durch das Gewebe durchgelassen (Transmission) und an Grenzflächen reflektiert. Aufgrund der Reflexion ist es unbedingt notwendig, dass während der Lasertherapie der Therapeut, der Patient, sowie alle anderen im Raum anwesenden Personen oder Tiere ihre Augen durch spezielle Schutzbrillen schützen!

Weitere Parameter, von denen ein optimales Laserergebnis abhängt sind die Dosis (Joule/cm²), die über der betreffenden Region appliziert wird, die Intensität (Power/cm²) sowie die Zeitdauer der Behandlung. Zudem können kontinuierliche oder gepulste Wellen, je nach Indikation, angewendet werden. Je nach Indikation und Zustand der Läsion (akut/ subakut/ chronisch) werden unterschiedliche Dosen, Intensitäten und weitere Einstellungsparameter empfohlen.

Bei der therapeutischen Lasertherapie ist also einiges an Parametern zu bedenken, weswegen für die Nutzung von therapeutischen Lasern ein spezieller Laserschein erforderlich ist und therapeutische Laser nicht von ungeschulten Personen angewendet werden dürfen.     

 

Welche biologischen Effekte werden ausgelöst?

  • Analgesie (unter anderem durch: erhöhte Freisetzung von Betaendorphinen, erhöhte NO-Produktion, Blockade der Depolarisation der schmerzleitenden C-Fasern)
  • Reduktion der Entzündungsreaktion (unter anderem durch: Erhöhung der Leukozytenaktivität, Steigerung der Prostaglandinsynthese, Reduktion von Interleukin-1, Steigerung der Angiogenese)
  • Verbesserung der Mikrozirkulation zur Erhöhung der Gewebereparatur und Wundheilung, sowie Reduktion von Ödemen (Vasodilatation, Neovaskularisation, Growth Faktoren, Fibroblastenproliferation)
  • Verbesserung der Zellteilung und Erhöhung der metabolischen Aktivität/ Syntheseleistung der Zellen (erhöhte ATP-Produktion und Syntheseleistung, Angiogense wird erhöht, Growthfaktoren)
  • Reduktion von fibrotischer Narbenbildung (Fibroblastenproduktion steigt, Zellproliferation und Differenzierung, erhöhte Zugkraft, Growthfaktoren)
  • Immunstimulation (Einwanderung von Immunzellen/ Leukozyten)

 

Welche Einsatzgebiete in der Tiermedizin gibt es für den Einsatz therapeutischer Laser?

Folgende potentielle Indikationen für eine therapeutische Lasertherapie bestehen:

  • Förderung der Wundheilung (auch post OP), Einsatz bei schlecht heilenden, chronischen Wunden oder kontaminierten Wunden, Wundheilungsstörungen
  • Tendinopathien (Tendinitis oder Sehnenschäden)
  • Muskuloskeletale Verletzungen/ Traumata
  • Osteoarthrose/ Osteoarthritis
  • Bandscheibenleiden/ Back Pain/ Kissing Spines
  • Verzögerte Frakturheilung (delayed-, non- oder slow-healing)
  • Postoperatives Management nach orthopädischen oder neurochirurgischen Eingriffen
  • Ödembehandlung/ Förderung des Lymphabflusses
  • Nervenregeneration: periphere Neuropathien/ Plexustraumata oder Radialislähmung
  • Dermatologie: Leckgranulome, Otitis externa, Dermatitis, Pododermatitis, Alopezie
  • Intraorale Indikationen: Gingivitis, Zahnpathologien

 

Kontraindikationen und Sicherheitshinweise

Nicht oder nur mit größter Vorsicht angewendet werden sollte die therapeutische Lasertherapie bei:

  • Aktive/ akute Blutungen
  • Augen (!!!)
  • Hoden
  • Behandlung mit Corticosteroiden (Injektionen, v.a. Depotcortison) oder anderen photosensitiven Medikamenten
  • Epiphysitis/ über Wachstumsfugen
  • Jegliche Neoplasien
  • Schwangerschaft/ Trächtigkeit
  • Ungeschlossene Fontanellen (Welpen/Kitten)
  • Vorsicht über Tattoos (absorbiert Laserenergie)
  • Vorsicht bei bekannter Epilepsie des Patienten (Anwendung unter kompletter Abdeckung der Augen möglich)

 

Aufgrund der hohen Power der Klasse 4 Laser müssen die Handstücke bei der therapeutischen Anwendung permanent bewegt werden, um eine Überhitzung und gegebenenfalls Verbrennung des Patienten zu vermeiden! Zudem müssen bei jeglicher Lasertherapie die Augen der beteiligten Personen und Tiere durch spezielle Laserschutzbrillen schützen, da auch die Streustrahlung bereits zur Schädigung des Auges (vor allem Retina) führen kann. Der Raum sollte von außen gekennzeichnet werden (Laserzeichen, „Vorsicht Lasertherapie“) und somit der Zugang beschränkt, sodass keine ungeschützten Personen während der Therapie eintreten können. Therapeutische Laser der Klasse 3B oder 4 dürfen nur mit speziellem „Laserschein“ oder unter der Aufsicht eines Laserschutzbeauftragten angewendet werden. 

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Abbildung 2: Bei jeglicher Lasertherapie müssen die Augen des Patienten, des Therapeuten und eventuell im Raum anwesender weiterer Personen oder Tiere mit speziellen Brillen geschützt werden. Hier bei einem Dackel, welcher zur postoperativem HILT-Lasertherapie nach erfolgter Bandscheibenoperation vorgestellt wurde.

 

Wie ist die derzeitige Studienlage?

Insgesamt ist die Studienlage sehr heterogen und zwar vor allem im Bereich der Methodik, in dem teilweise sogar essentielle Angaben zum Laser oder den Behandlungsparametern fehlen. Da verschiedene Laser mit unterschiedlicher Power, verschiedene Wellenlängen und sehr unterschiedliche Dosisbereiche für die verschiedenen Studien genutzt wurden, ist es nicht verwunderlich, dass die Ergebnisse der Studien teilweise unterschiedlich ausfallen. Zudem sind die Studienpopulationen oft recht klein. Ein systematischer Review zum Thema Lasertherapie kam zu dem Schluss, dass die Ergebnislage aus den Studien aufgrund der Heterogenität mit Vorsicht betrachtet werden sollten, allerdings vorteilige Effekte nach Lasertherapie berichtet wurden [1]. Das Prinzip der Photobiomodulation, welches in vitro nachgewiesen wurde, muss in vivo durch großangelegte wissenschaftliche Studien (optimal geblindet und Placebo-kontrolliert) überprüft werden, bevor es in der Tiermedizin uneingeschränkt empfohlen werden kann.

Dennoch konnten mit einigen Studien bereits positive Effekte der Lasertherapie nachgewiesen werden und gerade die jüngeren Studien, in denen einheitlichere Dosisbereiche und vorwiegend Klasse 4 Laser genutzt werden, zeigen überwiegend einen positiven therapeutischen Effekt an Mensch und Tier.

So konnte eine deutliche Reduktion der Schmerzen, Schwellung und Lahmheit bei Pferden mit einem Sehnenschaden nach Anwendung von „High Power Laser“ (bzw. High-intensity-Lasertherapie HILT) nachgewiesen werden [2, 3, 4]. Auch konnte eine Verbesserung der Schmerzen und Lahmheit und damit auch der Lebensqualität bei der Anwendung von HILT bei Pferden mit Spat gezeigt werden [5].

Im Bereich der Kleintiermedizin gibt es vor allem Studien zum Einsatz von Low-Level-Lasertherapie (LLLT). Aber auch hier konnte eine Verbesserung des Lahmheitsgrades, der Schmerzen und damit der Lebensqualität von Hunden, die unter Osteoarthritis/ Osteoarthrose leiden, gezeigt werden [6, 7]. In 50 % der Fälle konnte die dauerhafte Schmerzmittelgabe sogar deutlich reduziert werden [6].

Auch in den Einsatzgebieten der Dermatologie, wie zum Beispiel bei steriler pyogranulomatöser Pododermatitis und der nicht-entzündlichen Alopezie des Hundes, konnten erste Studien über die Anwendung von LLLT bei diesen Problemen eine Besserung der Symptomatik nachweisen [8, 9]. Im Falle der Alopezie konnte durch die Laserbehandlung das Nachwachsen der Haare verbessert werden [9].

Eine verbesserte Wundheilung und der Vorteil des Einsatzes von LLLT-Lasertherapie (besonders in bestimmten Dosisbereichen) bei der Heilung von bakteriell kontaminierten Wunden konnte ebenfalls gezeigt werden [10, 11].

Und auch im Bereich der Neurologie zeigen die ersten Studien eine positive Tendenz. So konnte in einer Studie mit Hunden nach chirurgischer Versorgung eines Bandscheibenvorfalles eine verkürzte Zeit bis zur Gehfähigkeit in der Gruppe mit LLLT im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Lasertherapie festgestellt werden [12]. In einer anderen Studie wurden zwei verschiedene Lasertherapien für Patienten mit degenerativer Myelopathie (einer nicht heilbaren erblichen und langsam progressiv verlaufenden Erkrankung des Rückenmarks, die zur vollständigen Lähmung führt) verglichen [13]. Beide Hundegruppen, die zusätzlich zur allgemeinen Physiotherapie (bestehend aus passiven, sowie aktiven Bewegungsübungen, Massage und Unterwasserlaufband) mit einer Lasertherapie behandelt wurden, zeigten längere Überlebenszeiten als zuvor berichtete Überlebenszeiten von Hunden mit degenerativer Myelopathie. Die Studienhunde, die mit einer höheren Power (HILT) behandelt wurden, zeigten wiederum eine signifikant längere Überlebenszeit als die Studienhunde mit einer Low-Level-Lasertherapie [13].

 

Fazit

Die therapeutische Lasertherapie ist ein viel versprechendes Tool, was bei entsprechend geschulter Anwendung viele Vorteile für den Patienten mit sich bringen kann. Zudem sind die Risiken der Anwendung überschaubar, was zu einem sehr guten Risiko-Nutzen-Verhältnis führt, weswegen die Lasertherapie in den kommenden Jahren bei vielen Erkrankungen einen Zuwachs an Anhängern erfahren wird. Besonders im Bereich der Schmerztherapie ist die therapeutische Lasertherapie eine hoffnungsvolle Alternative bei Patienten, die aus bestimmten Gründen nicht auf klassische Schmerzmittel gesetzt werden können. Und auch bei anderen Schmerzpatienten ist durch eine zusätzliche Lasertherapie oft eine Reduktion der Schmerzmitteldosis bis hin zum kompletten Absetzen der Medikamente möglich.     

 

 

 

 

Zum Weiterlesen:

[1] Millis DL, Bergh A. A Systematic Literature Review of Complementary and Alternative Veterinary Medicine: Laser Therapy. Animals (Basel). 2023 Feb 14;13(4):667. doi: 10.3390/ani13040667.

[2] Pluim M, Martens A, Vanderperren K, Sarrazin S, Koene M, Luciani A, van Weeren PR, Delesalle C. Short- and long term follow-up of 150 sports horses diagnosed with tendinopathy or desmopathy by ultrasonographic examination and treated with high-power laser therapy. Res Vet Sci. 2018 Aug;119:232-238. doi: 10.1016/j.rvsc.2018.06.003.

[3] Jaafar SE, Al-Bayti AAH, Abdullah SI. Using Short Term of High Power Laser Therapy in Horse's Tendon Injuries. Arch Razi Inst. 2021 Nov 30;76(5):1437-1444. doi: 10.22092/ari.2021.356105.1779. PMID: 35355739; PMCID: PMC8934084

[4] Zielińska P, Nicpoń J, Kiełbowicz Z, Soroko M, Dudek K, Zaborski D. Effects of High Intensity Laser Therapy in the Treatment of Tendon and Ligament Injuries in Performance Horses. Animals (Basel). 2020 Jul 31;10(8):1327. doi: 10.3390/ani10081327.

[5] Zielińska P, Śniegucka K, Kiełbowicz Z. A Case Series of 11 Horses Diagnosed with Bone Spavin Treated with High Intensity Laser Therapy (HILT). J Equine Vet Sci. 2023 Jan;120:104188. doi: 10.1016/j.jevs.2022.104188.

[6] Barale L, Monticelli P, Adami C. Effects of low-level laser therapy on impaired mobility in dogs with naturally occurring osteoarthritis. Vet Med Sci. 2023 Mar;9(2):653-659. doi: 10.1002/vms3.997.

[7] Barale L, Monticelli P, Raviola M, Adami C. Preliminary clinical experience of low-level laser therapy for the treatment of canine osteoarthritis-associated pain: A retrospective investigation on 17 dogs. Open Vet J. 2020 Apr;10(1):116-119. doi: 10.4314/ovj.v10i1.16..

[8] Perego R, Proverbio D, Zuccaro A, Spada E. Low-level laser therapy: Case-control study in dogs with sterile pyogranulomatous pododermatitis. Vet World. 2016 Aug;9(8):882-7. doi: 10.14202/vetworld.2016.882-887.

[9] Olivieri L, Cavina D, Radicchi G, Miragliotta V, Abramo F. Efficacy of low-level laser therapy on hair regrowth in dogs with noninflammatory alopecia: a pilot study. Vet Dermatol. 2015 Feb;26(1):35-9, e11. doi: 10.1111/vde.12170.

[10] Wardlaw JL, Gazzola KM, Wagoner A, Brinkman E, Burt J, Butler R, Gunter JM, Senter LH. Laser Therapy for Incision Healing in 9 Dogs. Front Vet Sci. 2019 Jan 29;5:349. doi: 10.3389/fvets.2018.00349

[11] Rico-Holgado S, Ortiz-Díez G, Martín-Espada MC, Fernández-Pérez C, Baquero-Artigao MR, Suárez-Redondo M. Effect of Low-Level Laser Therapy on Bacterial Counts of Contaminated Traumatic Wounds in Dogs. J Lasers Med Sci. 2021 Dec 12;12:e78. doi: 10.34172/jlms.2021.78.

[12] Draper WE, Schubert TA, Clemmons RM, Miles SA. Low-level laser therapy reduces time to ambulation in dogs after hemilaminectomy: a preliminary study. J Small Anim Pract. 2012 Aug;53(8):465-9. doi: 10.1111/j.1748-5827.2012.01242.x.

[13] Miller LA, Torraca DG, De Taboada L. Retrospective Observational Study and Analysis of Two Different Photobiomodulation Therapy Protocols Combined with Rehabilitation Therapy as Therapeutic Interventions for Canine Degenerative Myelopathy. Photobiomodul Photomed Laser Surg. 2020 Apr;38(4):195-205. doi: 10.1089/photob.2019.4723.

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