Notfallmedizin: Management von Intoxikationen bei Hund und Katze - Teil 3: Fortsetzung spezieller Intoxikationen
1. Vergiftung mit Rattengift/ Mäuseköder
2.1 Alphachloralose-Intoxikation
Alphachloralose, ein Kondensationsprodukt aus Glucose und dem Hypnotikum Chloralhydrat, wird in modernen Mäuseködern vermischt mit Mehl oder Getreide genutzt und führt vor allem bei Katzen durch Aufnahme von vergifteten Mäusen oder auch Vögeln zu starken Vergiftungssymptomen wie Hypothermie, Ataxie, Depression, Schläfrigkeit, Stupor und Koma. Außerdem wirkt Alphachloralose gleichzeitig exzitatorisch und kann zu Tremor, Hyperästhesien und Krampfanfällen führen. Weiterhin treten Salivation (v.a. beim Hund), Bradykardie, Wesensveränderungen, Miosis, Hirnnervendefizite, Sehstörungen und Atemprobleme durch Hypersekretion auf. Katzen sind deutlich empfindlicher gegenüber Alphachloralose im Vergleich zum Hund (Katze: minimale letale Dosis 100mg/kg, Hund: 600-1000mg/kg), aber auch Hunde können betroffen sein und fressen die Köder auch gern einmal direkt aus der Packung. Die Therapie erfolgt rein symptomatisch. Nach Überprüfung und gegebenenfalls Stabilisierung des Kreislaufs sollte je nach Zustand des Patienten entweder eine forcierte Emese oder eine Magenspülung durchgeführt und Aktivkohle eingegeben werden. Die Tiere sollten in ruhiger und dunkler Umgebung untergebracht und intensiv überwacht werden. Wärmetherapie ist essentiell. Krämpfe oder Tremorsymptomaik sollten mit entsprechenden Medikamente (Diazepam, Phenobarbital, Levetiracetam, Methocarbamol) behandelt werden. Trotz starker Symptome ist die Prognose generell bei frühzeitiger Therapie gut! Die Mortalität liegt laut Studien zwischen 0 und 15% und die Tiere können in der Regel nach spätestens 48 Stunden Intensivtherapie entlassen werden.
2.2 Cumarinderivate-Intoxikation
Die als Rattengift eingesetzten Cumarinderviate sind vom Pathomechanismus her Vitamin K-Antagonisten, was zu einem Ausbleiben der Aktivierung der Faktoren II, VII, IX und X in der Gerinnungskaskade führt. Labordiagnostisch kommt es zu einer deutlich verlängerten Prothrombinzeit (PT) im Vergleich zur partiellen Thromboplastinzeit (PTT). Bei einer Vergiftung kommt es zu Blutungen in die Körperhöhlen (Perikard, Thorax, Abdomen), aber auch in andere Lokalisationen (wie Lunge, Gelenke, Gehirn und Rückenmark). In schweren Fällen einer Cumarinvergiftung mit starken Einblutungen in die Körperhöhlen können Blut- (Vollblut, Erythrozytenkonzentrat oder Eigenbluttransfusion) oder Plasmatransfusionen nötig werden.
Bei der Therapie ist das Antidot Vitamin K essentiell. Dies kann oral oder subkutan verabreicht werden und sollte in Abhängigkeit vom Präparat und der Menge des aufgenommenen Rattengifts mindestens 4 Wochen täglich verabreicht werden (2,5 mg/kg BID p.o.). Nach dem Absetzen sollte im Abstand von 2 und 5 Tagen eine Kontrolle der PT erfolgen, um eine anhaltende toxische Wirkung frühzeitig zu erkennen und die Therapie gegebenenfalls zu verlängern.
3. Methaldehyd-Intoxikation
Schneckenkorn (Methaldehyd) wird leider sehr gern von Hunden und auch Katzen oral aufgenommen. Eine Intoxikation zeichnet sich durch schwerwiegende neurologische Symptome mit generalisierter Ataxie, Ganzkörpertremor, Hyperthermie und Status epilepticus aus und kann auch zu einer schweren metabolischen Azidose führen. Im Allgemeinen wird bei bekannter Intoxikation mit Methaldehyd eine Magenspülung empfohlen. Der Einsatz von Natriumbikarbonat in der Magenspüllösung kann helfen das Toxin von der Magenwand zu lösen. Die wiederholte Eingabe von Aktivkohle (zuerst über die Magensonde, später per os) sollte erfolgen. Des Weiteren sollte symptomatisch mit Antikonvulsiva (Diazepam, Phenobarbital, Levetiracetam), Flüssigkeitstherapie, gegebenenfalls Korrektur der metabolischen Azidose, Kühlung und Pflege therapiert werden. Die Prognose ist bei rascher Therapie günstig.
4. Permethrin-Intoxikation bei der Katze
Permethrin ist ein Insektizid und Akarizid aus der Gruppe der Pyrethroide und wird beim Hund als Repellent zur Ektoparasitenprophylaxe eingesetzt. Klassischer Weise als Spot-on Präparat, aber auch als Spray, Shampoo oder Puder. Katzen sind extrem empfindlich gegenüber der Substanz, da ihnen das für den Abbau notwenige Enzym Glucuronidase-Transferase fehlt. In der Regel kommt es zu Vergiftung mit dem Stoff, weil Tierbesitzer ein nur für den Hund zugelassenes Spot-on Präparat an ihrer Katze anwenden. Allerdings hatten wir auch Fälle, in denen die Katze einen so engen Kontakt mit dem Partnerhund hegte, dass die Anwendung am Hund und der Kontakt mit dem Hund, sowie gemeinsames Schlafen (und vermutlich auch Fellpflege) ausgereicht hat, um Vergiftungssymptome zu produzieren. Daher sollten auch an Hunden die engen Kontakt zu Katzen pflegen keine Permethrin-haltigen Präparate angewandt werden und die Besitzer über dieses Risiko aufgeklärt werden. Die Katzen zeigen nach Kontamination generalisierte Ataxie, Hypersalivation, Hyperästhesien, Hyper- bis Hypothermie, Ganzkörpertremor, Faszikulationen bis hin zu generalisierten epileptischen Krampfanfällen. Weiterhin können Vomitus und Diarrhoe auftreten. Bei der Behandlung ist vor allem auf eine rasche Dekontamination zu achten. Nach dem Auftragen eines Spot-on-Präparates sollte der Bereich großflächig ausgeschoren und anschließend die Katze mit einer pH-neutralen Seife gewaschen werden. Methocarbamol kann gegen den Ganzkörpertremor eingesetzt werden. Im Falle von epileptischen Anfällen sollte Diazepam verabreicht werden. Weiterhin können Phenobarbital und Levetiractem zur Anfallskontrolle hilfreich sein. Bei schweren therapierefraktären epileptischen Anfällen sollte eine Allgemeinnarkose mit Propofol oder Alfaxalon in Erwägung gezogen werden. Der Einsatz und die Wirksamkeit einer Lipidinfusion zur schnelleren Dekontamination und damit klinischen Verbesserung der Patienten konnte in einer prospektiven, multizentrischen, randomisierten und kontrollierten klinischen Studie nachgewiesen werden (siehe Literaturverweis 4). Trotz dessen sollte eine 20%ige Lipidinfusion nicht als first-line Medikation eingesetzt werden und aufgrund der potentiellen Risiken (siehe mehr hierzu im Teil 1 der Intoxikationsreihe) den schweren Intoxikationsverläufen vorbehalten sein. Bei rascher Therapie ist die Prognose günstig. Die Mortalitätsrate liegt laut Literatur zwischen 2,4 und 16,9 %.
5. Marihuana-Intoxikation
Eine Intoxikation mit Marihuana wird vor allem nach dem Verzehr von mit Marihuana versetzten Lebensmitteln (Hash-Cookies/ Marihuana-Butter) oder durch die Aufnahme von Jointstummeln, aber auch durch Inhalation bei Tieren beobachtet. Die Symptome, die vorwiegend durch die psychoaktive Substanz THC (Tetrahydrocannabinol) ausgelöst werden, sind Kleinhirn-betont mit generalisierter Ataxie, Tremor und vestibulären Anzeichen. Weiterhin treten Bewusstseinseinschränkungen, Mydriasis, Vokalisation, Ängstlichkeit oder Aggressionen, Unruhe, Hypersalivation, Diarrhoe und Vomitus, Brady- oder Tachykardie, sowie Hypothermie bis Koma auf. Die Therapie erfolgt symptomatisch. Methocabamol kann die Tremorsymptomatik reduzieren. Bei starken Symptomen könnte auch eine Lipidinfusion hilfreich sein.
6. Mykotoxikose
Die Mykotoxikose tritt nach der Aufnahme von verdorbenen Lebens- oder Futtermitteln (Körner, Walnüsse, Mandeln, Erdnüsse, Brot, Käse) oder Biomüll auf, die mit Schimmelpilzen (v.a. Penicillium spp.) belastet sind, Diese bilden unter bestimmten Bedingungen tremorgene Mykotoxine. Die Haupttremorgene sind Penitrem A und die Roquefortine, aber auch Aflatrem, Cyclopiazonsäure und Thomitreme. Oft handelt es sich um Mischintoxikationen mit verschiedenen Mykotoxinen. Tremorgene Mykotoxine führen zu einem akuten Tremorsyndrom, dessen Symptome dosisabhängig von mildem Tremor, Ataxie und Verhaltensänderungen bis hin zu lebensbedrohlichen epileptiformen Anfällen und Status epilepticus reichen können. Weiterhin treten häufig Hypersalivation, Hyperthermie (häufig über 41°C), Mydriasis, Nystagmus, Geräuschs- und Berührungsempfindlichkeit, sowie Tachykardie, Vomitus und Diarrhoe auf. Eine schnelle Therapieeinleitung ist für eine zeitnahe und vollständige Genesung nötig. Die ersten Symptome treten in der Regel etwa 30 Minuten nach der Aufnahme auf. Die Therapie erfolgt symptomatisch: Gegen epileptische Anfälle werden Antikonvulsiva eingesetzt, wobei beachtet werden muss, dass häufig kein gutes Ansprechen auf Diazepam beobachtet wird. Je nach Zustand sollte eine forcierte Emese oder Magenspülung durchgeführt werden. Weiterhin Aktivkohle eingegeben und Infusion verabreicht werden. Zur Reduktion des Tremors wird Methocarbamol empfohlen und vermutlich kann in schweren Fällen auch eine Lipidinfusion versucht werden, um die Symptome zu reduzieren (siehe Literaturverweis 5). Die Hyperthermie kann sehr ausgeprägt sein (über 41°C). Daher können hier folgende zusätzliche Kühlungsmethoden zu nassen Handtüchern, Ventilatoren und Pfoten mit Alkohol besprühen hilfreich sein: Eisbeutel auf den Jugularvenen platzieren, Füllung der Harnblase über einen Blasenverweilkatheter mit raumwarmer NaCl-Lösung und nach 5 Minuten wieder abziehen. Die Prognose ist generell gut, wenn die Mykotoxikose früh erkannt und behandelt wird. Kommt es zu Komplikationen (schwere Hyperthermien, Aspirationspneumonien) entsprechend vorsichtiger. Meist erholen sich die Hunde innerhalb von 24 bis 96 Stunden. Es gibt allerdings einige Fallberichte, die von anhaltenden neurologischen Symptomen berichten, die auf eine bleibende Schädigung des Kleinhirns zurückschließen lassen.
7. Avermectine
Avermectine, wie Ivermectin oder Selamectin, gehören zu den markozyklischen Lactonen und werden als Antiparasitika eingesetzt. Sie wirken neurotoxisch, wobei sie unter normalen Umständen die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden können und somit ist ihre toxische Wirkung auf Säugetiere eher gering. Bei Tieren mit einem MDR1-Gendefekt, der gehäuft bei Hunden der Rassen Collie, Border Collie, Australian Shepherd, Shelties, Bobtail und auch einigen Windhunderassen auftritt, ist erhöhte Vorsicht geboten. Durch den Defekt wird das P-Glykoprotein, ein Membranprotein und wichtiger Bestandteil der Schutzfunktion der Blut-Hirn-Schranke, fehlerhaft oder gar nicht ausgebildet. Das P-Glykoprotein ist normalerweise in der Lage große Moleküle wie die Avermectine aus dem ZNS auszuschleusen. Bei Tieren mit MDR1-Gendefekt können diese Substanzen allerdings im ZNS kumulieren und ihre neurotoxische Wirkung entfalten. Die Symptome sind Desorientiertheit, generalisierte Ataxie, Mydriasis, zentrale Blindheit, Hypothermie, Hypersalivation, Vomitus, Bradykardie, Atembeschwerden bis hin zu epileptischen Krampfanfällen und Koma. Die Ursache einer solchen Intoxikation liegt häufig in der direkten Aufnahme von Pferde-Entwurmungspaste oder durch das exzessive Fressen der Pferdeäpfel von Pferden, die kurz zuvor mit einer solchen Paste entwurmt wurden. Die Therapie erfolgt symptomatisch. Besonders effektiv ist die wiederholte orale Gabe von Aktivkohle. Diazepam zur antikonvulsiven Therapie ist umstritten. Einige Fallberichten unterstützen den Einsatz von intravenöser Lipidinfusion. Besonders wichtig ist die Pflege der in schweren Fällen teilweise tagelang komatösen Patienten: weiche Lagerung, regelmäßiges Wenden, Sicherstellung der Ernährung (gegebenenfalls Magensonde) und Miktion, Flüssigkeitstherapie, Eingabe von Tränenersatz bis hin zu mechanischen Ventilation bei Ateminsuffizienz. Die Prognose ist in Abhängigkeit von der Schwere der Intoxikation günstig bis vorsichtig.
8. Toxische Lebensmittel:
8.1 Weintrauben/ Rosinen
Das toxische Wirkprinzip von Weintrauben (sowie Rosinen) ist nicht genau bekannt und die toxische Dosis beim Hund scheint individuell unterschiedlich zu sein. Intoxikationen bei Katzen und Frettchen wurden ebenfalls berichtet. Eine Vergiftung führt zu akutem Nierenversagen. Die Therapie erfolgt symptomatisch.
8.2 Schokolade
Schokolade enthält die toxischen Methylxanthine Theobromin und Coffein. Die Symptome einer Schokoladenvergiftung bei Hunden und Katzen sind vor allem durch das Theobromin geprägt. Innerhalb von 6 bis 12 Stunden nach Aufnahme treten die ersten Symptomen auf: Übelkeit, Salivation, Vomitus, Diarrhoe, Dyspnoe, Polyurie und Polydipsie, Unruhe, Tachykardie und Hyperaktivität. In schweren Fällen kann es zu kardialen Arrhythmien, Ataxie, Tremor, Schwäche, Anfällen, inneren Blutungen, Hypertension, Zyanose, Koma und Tod kommen. Zusätzlich kann der hohe Fettgehalt eine Pankreatitis auslösen.
Die Toxizität der Schokolade ist von vielen Faktoren wie der Sorte der Schokolade (und damit Theobromingehalt), Menge der aufgenommenen Schokolade, Körpermasse des Tieres, sowie Magenfüllung und –inhalt des Tieres abhängig. Je dunkler die Schokolade, desto höher der Theobromingehalt. Leichte Symptome sind bereits ab 20 mg/kg Theobromin, schwere Symptome ab 40-60 mg/kg zu erwarten. Um eine ungefähren Eindruck für die Toxizität der aufgenommenen Schokolade im Vergleich zum Tier und damit den zu erwartenden Symptomen zu bekommen, können diverse „Schokoladenrechner“ (z.B. https://ivcevidensia.de/rechner_schokoladenvergiftungen/ ) aus dem Internet herangezogen werden. Wenn möglich sollte eine forcierte Emese eingeleitet werden. Wenn dies aufgrund schwerwiegenden Symptomen nicht möglich ist, sollte eine Magenspülung in Erwägung gezogen werden. Anschließend wird die Eingabe von Aktivkohle empfohlen. Da Theobromin dem enterohepatischen Kreislauf unterliegt, ist eine Eingabe von Aktivkohle alle 6 bis 8 Stunden über bis zu 3 Tagen indiziert. Eine adäquate Flüssigkeitstherapie ist essentiell. Die weitere Behandlung erfolgt symptomatisch. Lidocain kann bei Herzrhythmusstörungen hilfreich sein.
8.3 Avocado
Avocados sind für annährend alle Tiere giftig. Die Symptome sind von der Spezies abhängig. Bei Hunden und Katzen kommt es vor allem zu gastrointestinalen Symptomen mit Diarrhoe und Vomitus. Durch den hohen Fettgehalt des Fruchtfleisches kann weiterhin eine Pankreatitis ausgelöst werden. Auch Atemnot durch Flüssigkeitsansammlungen im Brustkorb und der Lunge, Flüssigkeitsansammlungen im Herzbeutel oder Abdomen und sogar Todesfällen können auftreten, vor allem nach Verzehr des Kerns oder der Avocadoschale. Die Therapie erfolgt nach der Induktion einer Emese rein symptomatisch.
8.4 Zwiebel und Knoblauch
Die Aufnahme von Zwiebeln führt bei Hund und Katze zuerst zur lokalen Schleimhautreizung und somit zu gastrointestinalen Symptomen mit Vomitus, Diarrhoe, Inappetenz und abdominaler Dolenz. Durch den Verzehr von Zwiebeln (sowohl roh, als auch in gekochter/ getrockneter/ gebackener Form) kommt es beim Tier weiterhin zu Schäden an den Erythrozyten, zur Bildung von Heinzkörperchen in den Erythrozyten und damit einhergehend zur hämolytischen Anämie, sowie zur Methämoglobinämie. Symptome hierfür sind blasse Schleimhäute, Belastungsintoleranz und Schwäche, Tachykardie, Tachypnoe und Pigmenturie. Auch der Verzehr von Knoblauch (ebenfalls sowohl roh, als auch in jeglicher anderen Zubereitungsform) kann beim Kleintier zu schweren hämolytischen Anämien durch Heinzkörperchen-Bildung führen. Neben der symptomatischen Therapie mit Infusionstherapie können auch Bluttransfusionen notwendig werden. Ascorbinsäure und andere Antioxidantien (N-Acetylcystein, Vitamin E) zur Prävention vor Heinzkörperchen-Bildung und oxidativen Schäden werden empfohlen.
8.5 Nüsse
Macademia-Nüsse enthalten ein unbekanntes Toxin, das zu Muskelschwäche, ZNS-Depression, Dyspnoe, Tremor, Vomitus, abdominale Dolenz, Paresen, Hyperthermie, Tachykardie und geschwollenen Gliedmaßen führen kann. Die Therapie erfolgt symptomatisch mit forcierter Emese, Aktivkohle und Infusionstherapie. Die Tiere erholen sich in der Regel innerhalb von 24 Stunden.
Walnüsse können Pankreatitis auslösen und Erdnüsse zum allergischen Schock führen.
8.6 Xylitol
Der künstliche Zucker Xylitol („Birkenzucker“) findet sich in vielen Süßigkeiten, Kaugummis, Backwaren und Zahnpasta und führt zu einer Insulin-induzierten lebensbedrohlichen Hypoglykämie, die sich in Depression, Ataxie, Schwäche, Kollaps bis hin zu epileptischen Krampfanfällen äußert. Weiterhin können schwere Leberschäden, Leberversagen, Koma und Tod auftreten. Zudem zeigen die vergifteten Tiere oft eine ausgeprägte Hypokalämie, sowie eine vermehrte Blutungsneigung durch Koagulopathien (Petechien, Ekchymosen, gastrointestinale Blutungen). Wenn möglich sollte der Hund sofort nach Aufnahme eine forcierte Emese erhalten. In fortgeschrittenen Stadien, in denen ein induziertes Erbrechen nicht mehr möglich ist, sollte eine Magenspülung in Erwägung gezogen werden. Bereits 30 Minuten nach der oralen Aufnahme zeigen sich erste Symptome. Die Patienten sollten mehrfach kleine Portionen leicht-verdaulichen Futters erhalten, gegebenenfalls kann eine orale Glukosesupplementation hilfreich sein. In schweren Fällen können initial Glukoseboli intravenös verabreicht werden. Die Gabe von Aktivkohle ist umstritten. Es sollte eine Leberschutztherapie (S-Adenosylmethionin/ N-Acetylcystein) eingeleitet werden und gegebenenfalls kann auch eine Plasmatransfusion notwendig werden. Die Prognose ist je nach Schwere der Vergiftung günstig bis vorsichtig (bei Gerinnungsstörungen und Leberversagen) einzustufen.
Zum Weiterlesen:
- Tegner C, Lundgren S, Dreimanis K, Åberg AT, Windahl U. Alpha-chloralose poisoning in cats: clinical findings in 25 confirmed and 78 suspected cases. J Feline Med Surg. 2022 Oct;24(10):e324-e329. doi: 10.1177/1098612X221107787.
- Dutil GF, Berny P. A prospective study on clinical signs, management, outcomes, and delayed neurologic sequelae due to metaldehyde poisoning in 26 dogs. Open Vet J. 2023 May;13(5):510-514. doi: 10.5455/OVJ.2023.v13.i5.2.
- Di Pietro S, Falcone A, Arfuso F, Pennisi M, Piccione G, Giudice E. Treatment of Permethrin Toxicosis in Cats by Intravenous Lipid Emulsion. Toxics. 2022 Mar 30;10(4):165. doi: 10.3390/toxics10040165.
- Peacock RE, Hosgood G, Swindells KL, Smart L. A randomized, controlled clinical trial of intravenous lipid emulsion as an adjunctive treatment for permethrin toxicosis in cats. J Vet Emerg Crit Care (San Antonio). 2015 Sep-Oct;25(5):597-605. doi: 10.1111/vec.12322
- Fritz L, Miklis A, Bitter V, Neiger R. Vermutete Intoxikation durch tremorgene Mykotoxine bei zwölf Hunden nach Aufnahme verschimmelter Walnüsse. Kleintierpraxis 2020; 65(9):476–481. doi: 10.2377/00.
- Hopper K, Aldrich J, Haskins SC. Ivermectin toxicity in 17 collies. J Vet Intern Med. 2002 Jan-Feb;16(1):89-94. doi: 10.1892/0891-6640(2002)016<0089:itic>2.3.co;2.23-2076-65-476
- Kovalkovičová N, Sutiaková I, Pistl J, Sutiak V. Some food toxic for pets. Interdiscip Toxicol. 2009 Sep;2(3):169-76. doi: 10.2478/v10102-009-0012-4.