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04 Apr. 2025

Fischtuberkulose bei Aquarienfischen

Fischtuberkulose bei Aquarienfischen

Die Fischtuberkulose ist eine weltweit verbreitete Fischkrankheit und kann nahezu alle Fischarten befallen. Einige Fischgruppen werden leichter befallen, andere scheinen sich besser gegen die Infektion wehren zu können. Labyrinthfische, Regenbogenfische und Kleincichliden reagieren empfindlich auf die Infektion, während Großcichliden, Karpfenfische und Welse nicht so schnell befallen werden. (Bild 1) Letzteres gilt aber nur, wenn die Fische an sich gesund sind und ein kräftiges Immunsystem haben. Geschwächte Fische können immer von den Bakterien der Fischtuberkulose befallen werden.

Die Krankheit wird von mehreren Arten der Bakteriengattung Mycobacterium hervorgerufen. Die am häufigsten nachgewiesenen Arten sind Mycobakterium marinum und M. fortuitum. Die Bakterien der Fischtuberkulose sind nicht unbedingt auf lebende Fische als Wirt angewiesen. Sie vermehren sich auch in gestorbenen Fischen sehr schnell und sind auch in eiweißhaltigem Mulm zu finden.

Wenn andere Fische an den Toten fressen, kann es zur massiven Übertragung und einer seuchenartigen Ausbreitung im Fischbestand eines Aquariums kommen. Es ist empfehlenswert, auf Hygiene zu achten, indem man beim regelmäßigen Wasserwechsel mit einem Mulmabsauger den Mulm vom Bodengrund entfernt. (Bild 2) Gestorbene Fische müssen sofort aus dem Becken entfernt werden.Die Bakterien der Fischtuberkulose sind sogenannte atypische Mycobakterien. Sie gehören zu den nichttuberkulösen Mycobakterien und sind mit den Erregern der Tuberkulose von Vögeln, Säugern und Menschen nur entfernt verwandt. Sie können beim Menschen zwar keine richtige Tuberkulose hervorrufen, trotzdem ist eine Infektion der menschlichen Haut möglich, wenn mit einer Verletzung in einem infizierten Aquarium hantiert wird. Es ist eine der am häufigsten vorkommenden Zoonosen.

Atypische Mycobakterien können in der Umwelt etwa zwei Jahre überleben und kommen in vielen aquatischen Lebensräumen, wie auch Badeseen und Schwimmbädern vor. Deshalb wurde die Krankheit beim Menschen Schwimmbadgranulom genannt.

 

Vielfältige Krankheitsbilder

Die Erkrankung von Aquarienfischen an Fischtuberkulose kann sich in sehr vielfältigen Krankheitsbildern äußern. Viele Fischarten zeigen keine äußerlichen Symptome, sie fressen immer weniger und magern ab. Im Spätstadium kommen Körperverformungen hinzu und bei Nierenversagen tritt zusätzlich noch das Krankheitsbild Bauchwassersucht auf. 
(Bild 3) Es können sich auch blutige Geschwüre an der Haut bilden. (Bild 4) Regenbogenfische, Labyrinthfische, Salmler und Kleincichliden sind empfindlich für Fischtuberkuloseinfektionen. (Bild 5+6) Hier kann die Krankheit sehr schnell verlaufen und innerhalb von drei bis fünf Tagen den gesamten Bestand dahinraffen. Es ist unmöglich, Fischtuberkulose nach dem äußeren Erscheinungsbild zu diagnostizieren. Ohne Abstriche aus den Löchern und Wunden oder Gewebeproben von den Geschwüren genommen zu haben, bleibt die Diagnose unsicher. In Proben von verdächtigem Gewebe lassen sich mit dem Mikroskop Granulome, auch Tuberkel genannt, finden. (Bild 7)

Die Bakterienherde sind von hellen Bindegewebsschichten ummantelt. (Bild 8) Mitunter sind die Granulome als winzige helle Kapseln schon mit dem bloßen Auge zu sehen. (Bild 9)

Auch TB-Geschwülste, die sich äußerlich am Fisch befinden, sind mit Granulomen durchsetzt. (Bild 6) Der alleinige Nachweis von Granulomen ist als Beweis für eine positive Diagnose nicht ausreichend. Es muss zusätzlich eine Selektivfärbung auf Tuberkulose vorgenommen werden, um die Mycobakterien direkt im Probenmaterial sichtbar zu machen.(Bild 10) Gestorbene Fische mit Verdacht auf Fischtuberkulose können in einer fest verschlossenen Plastiktüte tiefgefroren werden. Fische oder Gewebeproben können an ein Diagnoselabor geschickt werden, um eine sichere Diagnose durch PCR zu erhalten.

Pflegemaßnahmen, die sich positiv auf die Hygiene auswirken, wie regelmäßiger Wasserwechsel, Bodengrund mit einem Bodengrundreiniger absaugen, üppiger und gesunder Pflanzenwuchs, optimale mechanische und biologische Filterung reduzieren die Gefahr einer Mycobakteriose.

 

Vorbeugende Maßnahmen

Die besten vorbeugenden Maßnahmen sind artgerechte Pflege, gute Filterung und das richtige Verhältnis von Fischen und Wassermenge. Auf eine gesunde Ernährung mit Futtermitteln, die den Ernährungsbedürfnissen der gepflegten Fische entgegenkommen und das Immunsystem stimulieren, sollte man achten.

Die Behandlung der Fischtuberkulose mit Medikamenten ist wenig erfolgreich. Es gibt zwar verschreibungspflichtige Medikamente aus der Human- oder Veterinärmedizin, aber diese sind nur bedingt wirksam. Mycobakterien haben eine hohe Mutationsrate und entwickeln binnen kürzester Zeit Resistenzen. Die Anwendung eines solchen Medikamentes im Aquarium ist riskant, da die resistenten Bakterien auf den Pfleger übertagen werden können. Falls eine Infektion erfolgt ist, wirkt das Medikament bei ihm dann nicht.

Eine Infektion des gesunden Menschen durch Fischtuberkulose ist nur durch offene Wunden möglich. Bei stark blutenden Wunden ist die Gefahr nicht so groß wie bei kleinsten Hautverletzungen durch Stiche von Flossenstrahlen. Es bilden sich schwer heilende nässende Stellen mit Granulomen.

Die Infektion bleibt normalerweise auf die Haut begrenzt und breitet sich nicht im menschlichen Organismus aus. Nur bei immunsuppresiven Menschen kann eine Ausbreitung im ganzen Körper erfolgen. Man sollte den behandelnden Arzt darauf hinweisen, dass es sich um das Schwimmbadgranulom, also um Fischtuberkulose, handeln könnte. Dann kann das richtige Medikament gefunden werden.

 

Text & Fotos:
Dieter Untergasser
Referent für Fischkrankheiten im VDA

Literatur:
Bauer, R.: Erkrankungen der Aquarienfische, Tierärztliche Heimtierpraxis 4, Verlag Paul Parey, Berlin / Hamburg, 1991
Roberts, R. J.: Grundlagen der Fischpathologie, Verlag Paul Parey, Berlin / Hamburg, 1985
Untergasser, D.: Krankheiten der Zierfische, Vorbeugung – Diagnose – Behandlung, Dähne Verlag GmbH, Ettlingen 2024,

Bilderliste:
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Bild 1: Exophthalmus durch TB-Granulome hinter den Augen.

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Bild 2: Mulm mit einem Bodengrundreiniger absaugen.

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Bild 3: Körperdeformation durch Granulome in der Muskulatur.

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Bild 4: Blutende nekrostische Geschwüre bei offener TB.

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Bild 5: Geschwulst am Maul bei Trichogaster lalius.

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Bild 6: Geschwülste an der Seite und Schwanzwurzel.

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Bild 7: Granulome in der Leber, Vergr.: 40 x

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Bild 8: Durch helle Bindegewebsschichten ummanteltes Granulom, Vergr.: 100 x.

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Bild 9: Eine Leber durchsetzt von Granulomen.

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Bild 10: Mit der Ziehl-Neelsen-Färbung lassen sich Mykobakterien nachweisen, Vergr.: 1000x.

 

Expertenwerk zur Fischgesundheit neu aufgelegt

Die neue, überarbeitete und stark erweiterte Ausgabe von „Krankheiten der Zierfische: Vorbeugung – Diagnose – Behandlung“ von Dieter Untergasser im Dähne Verlag erschienen. Das umfassende Werk richtet sich an Aquarianer, Züchter, Veterinäre sowie den Zoofachhandel und bietet wertvolle Informationen zur Diagnose und Behandlung von Aquarien- und Teichfischen.

In der Neuauflage hat der renommierte Fischgesundheitsexperte sein Standardwerk um mehr als 200 Seiten erweitert und mit rund 400 neuen Abbildungen sowie etwa 135 Videos ergänzt. Diese Erweiterungen sorgen für noch mehr Praxisnähe und ermöglichen es den Lesern, Krankheitsbilder präzise zu identifizieren und gezielt zu behandeln.

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Mit den Diagnosetafeln kann man parallel im Buch die Behandlungsmethoden aufschlagen. (Quelle: Sera)

Das Buch ist besonders durch seine klar strukturierten Diagnosetafeln und detaillierten Krankheitsbeschreibungen eine wertvolle Unterstützung für eine präzise und sichere Diagnose. „Eine erfolgreiche Behandlung von Zierfischen beginnt immer mit einer exakten Diagnose“, erklärt Untergasser. So könnten anhand des Werks Zoofachhändler Krankheiten bei ihren Tieren identifizieren und dann zielgerichtet behandeln – aber auch Kunden gut beraten, die Hilfe suchen.

Neben der Diagnose und Behandlung von Krankheiten legt Untergasser einen starken Fokus auf Prävention. Er hat daher auch die Bereiche „Ernährung von Zierfischen“ und „Wasserchemie“ aufgenommen.

Das Buch im Detail:

„Krankheiten der Zierfische: Vorbeugung – Diagnose – Behandlung“

Autor: Dieter Untergasser

Verlag: Dähne Verlag

464 Seiten plus 52 Seiten Diagnosetafeln, 600 Fotos, 135 Videos

Erscheinungsdatum: 18. November 2024

ISBN: 978-3-911226-07-3

Bestellungen:  www.daehne-aquaristik.de/fischkrankheiten

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